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Das Projekt

Vorstellung
In den rund 1000 Sammlungsobjekten im Nachlass der Bühnentechniker-Familie Brandt schlägt sich ein sich über mehr als einhundert Jahre hinweg herausgebildetes, sich transformierendes bühnentechnisches Wissen nieder. Die technischen Zeichnungen, annotierten Pausen, Bühnenpläne und Entwürfe dokumentieren Bauprojekte an rund 60 Häusern inner- und außerhalb des deutschsprachigen Raumes und ziehen Verbindungslinien zwischen höfischen und städtischen Bühnen, Oper und Schauspiel, Industrie, Handwerk, Stadtverwaltung und Theaterbetrieb.
Die Protagonisten der Sammlung, Carl Brandt (1828-1881) und sein Halbbruder Fritz Brandt (1846-1927), waren an so prägenden Projekten wie dem Bau des Bayreuther Festspielhauses, der Uraufführung des Ring des Nibelungen und dem nie realisierten Neubau des Königlichen Opernhauses in Berlin beteiligt. Bleibende Spuren hinterließen sie jedoch auch an diverseren unbekannteren Bühnen durch die Schaffung der maschinellen Infrastruktur, derer die folgenden Inszenierungen sich bedienen sollten. Sie entwickelten einflussreiche Lösungen für bühnentechnische und inszenatorische Herausforderungen und prägten nicht zuletzt als Lehrer die Fundamente bühnentechnischen Wissens, auf die folgenden Generationen bauten.
Der bedeutende bühnentechnische Nachlass dieser Familie, seit 2019 Teil der Theaterhistorischen Sammlungen der Freien Universität Berlin, wird nun seinerseits Gegenstand der Untersuchung – und der Inszenierung. Im Zuge einer Projektförderung durch die Berliner Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung wurde er 2021 vollständig digitalisiert und wird nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben der an der Freien Universität Berlin gehosteten Objektdatenbank dient diese Seite der Präsentation und Kontextualisierung der Sammlungsbestände. Dabei werden Teilbestände aus dem Nachlass durch rahmende Essays aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und auf die Wissensbestände hin befragt, die sich ihnen eingeschrieben haben. Thematische Schwerpunkte wie Beleuchtung, Brandschutz oder Baumaterialien bündeln ausgewählte Sammlungsstücke zu bestimmten Aspekten bühnentechnischen Wissens und laden Nutzer*innen dazu ein, sich von ihnen ausgehend tiefer in den Mechanismus der Sammlung zu versenken.
Digitalisierung
Das Digitalisierungsprojekt „Nachlass der Bühnentechniker-Familie Brandt“ wurde vom 1. Juli 2021 bis Ende Februar 2022 an den Theaterhistorischen Sammlungen der Freien Universität Berlin realisiert. Durch eine Förderung der Berliner Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung konnte der gesamte Bestand des Nachlasses digitalisiert und über die Objektdatenbank und die Präsentationsseite zugänglich gemacht werden. Mit einem Workshop am 21. Februar 2022 fand das Projekt offiziell seinen Abschluss. Gundula Kreuzer (Yale University) und Ulf Otto (Ludwig-Maximilians-Universität München) befragten den Nachlass in Vorträgen auf die Rolle der Brandts für den Bau des Orchestergrabens im Haus der Bayreuther Festspiele hin und in Bezug auf (xyz). Ein Roundtable-Gespräch diskutierte diverse Nutzungsperspektiven der Datenbank und anderer digitaler Bestände in Forschung, Lehre und (Theater-)Praxis.
Die Webseite
Die Präsentationsseite der Sammlung Brandt dient den digitalisierten Beständen als Bühne. Ergänzend zu der Objektdatenbank, in der alle Digitalisate und Metadaten durchsuchbar und mit Linked Open Data verknüpft sind, bietet die Präsentationsseite kuratierte Einführungen in ausgewählte Bestände der Sammlung. Dafür werden thematische Schwerpunkte gesetzt und erläutert, es werden diverse Sucheinstiege an die Hand gegeben und wissenschaftliche Essays von ausgewählten Expert*innen eröffnen von den Sammlungsobjekten ausgehend weiterführende Denkräume. Daneben demonstrieren die 3-D-Rekonstruktionen des Kuppelhorizonts im Neuen Königlichen Operntheater und der Bühneneinrichtung im Hof- bzw. Landestheater Detmold nicht nur, wie moderne digitale Tools zur Erforschung historischer Bühnentechniken beitragen können, sondern sie deuten auch auf blinde Flecken im Nachlass Brandt, um die zu überbrücken die Rekonstruktion zur Konstruktion werden muss.
Durch die Trennung in Präsentationsseite und Objektdatenbank folgen wir damit konsequent der Einteilung des Theatergebäudes in Bühnenraum auf der einen, Unter-, Hinter- und Seitenbühnenmaschinerie und den Schnürboden andererseits, deren Manifestierung sich in den Sammlungsbeständen selbst u.a. durch die Einzeichnung von Sehlinien abzeichnet. Die mit der Open Source-Software Omeka S eingerichtete Objektdatenbank dient dabei als Ausstattung und Bühnenhaus der Sammlung gleichermaßen. Sie strukturiert den Datenbestand vor und schließt ihn an externe Quellen wie die Gemeinsame Normdatei (GND), Wikidata oder das Kontrollierte Vokabular des Getty Arts & Architecture Thesaurus (AAT) an. Dass Digitalisierung dabei kein reiner Selbstzweck ist, beweist dagegen die Präsentationsseite, die mögliche und medial wie inhaltlich diverse Interpretationen der Sammlungsobjekte vorführt und Besucher*innen einlädt, in der Datenbank nach eigenen Inszenierungsweisen bühnentechnischen Wissens zu forschen.